Neuorientierung
Die Jahresversammlung der Natur-Dialog-Bewegung hat neue Ausrichtungen gebracht. Am Anfang steht das Feuer.
Christian schlichtet Feuerholz. Er tut es mit Bedacht; wählt Scheite in bestimmter Dicke und Länge, Esche und Tanne, legt sorgsam Schicht um Schicht, bis eine fast kuppelförmige Struktur entsteht. Obenauf kommt eine kleine Pyramide aus fein gespaltenem Holz mit Holzspänen zum Anzünden. Das Feuer soll etwa zwei Stunden lang brennen. Bald, wenn hier die Jahresversammlung der Natur-Dialog-Bewegung eröffnet wird.
Wir sind zu Gast am Rosenhof. Im Seminarraum bereitet Sinha Flipcharts vor. Andrea und Angela erledigen Einkäufe für unsere gemeinsamen Mahlzeiten. Die Wege rund ums Haus sind schon vom Schnee geräumt. Die Betten drinnen sind vorbereitet für die Gäste, die noch kommen. Christian und ich stellen 15 Stühle im Kreis um den Feuerplatz. Dann füllen wir Pellets und Hackschnitzel in den Pyrolyseofen. Auf dem Ofen wird am Abend gekocht werden. Erfreuliche Aussichten!
Immerhin steht die Frage im Raum, ob die Natur-Dialog-Bewegung als Verein weiterbestehen kann und soll.
Bis dahin gibt es noch einiges zu reflektieren, überlegen, bereden. Immerhin steht die Frage im Raum, ob die Natur-Dialog-Bewegung als Verein weiterbestehen kann und soll. Ein Blick auf die Erfahrungen im letzten Vereinsjahr zeigt Widersprüchliches. Der 2022 gewählte Initiativkreis ist, von terminlichen und organisatorischen Hürden gebremst, nicht ins Wirken gekommen. Die Beziehung von nature & healing zur Natur-Dialog-Bewegung ist unbestimmt und das sorgt für Irritationen. Regionale Netzwerktreffen haben teils in schönen Runden stattgefunden, teils sind sie ausgefallen. Gleichzeitig sind zwölf neue Mitglieder dazu gekommen, zwölf Beiträge im Magazin erschienen, die Website ist weiter betreut und der Veranstaltungskalender laufend gefüllt worden. Wie soll es von hier aus weiter gehen? Wir beginnen mit einer Ankommensrunde am Feuer. Hier versammeln sich nicht nur Menschen, sondern auch Geschichten über die Natur-Dialog-Bewegung. Gründungsmitglieder, später und neu Dazugekommene erzählen ihre Geschichten und warum sie da sind. Wir hören von Aufbruchstimmung, viel bisherigem Einsatz, von Gelungenem aber auch von Schwierigkeiten und Ärgernissen. Durchwegs spürbar ist dabei ein lebendiges Interesse am Natur-Dialog-Ansatz. Das Feuer wärmt uns in bewölkt-trüber Winterkälte.
Den restlichen Nachmittag und Abend verbringen wir im Seminarraum, am Herd in der Buschenschank und rund um den Pyrolyseofen, den wir vorm Haus aufgestellt haben. Wir hören Berichte von Ereignissen und Kontobewegungen im vergangenen Vereinsjahr, schnipseln Zutaten für unser Abendessen, kreisen um fünf Stationen im “World Café” und füllen Flipchartbögen mit Gedanken über mögliche Zukunftsszenarien der Natur-Dialog-Bewegung. Am Ende des Abends haben wir viele Worte und Überlegungen geteilt und schriftlich festgehalten. Wir sind uns einig, dass etwas von dem “Ding” Natur-Dialog-Bewegung weiter bestehen soll. Die zahlreichen offenen Fragen lassen wir über Nacht ruhen. Wir stärken uns am ukrainischen Borschtsch (Rezept unten), der während unserer Nachdenkarbeit über dem Pyrolyseofen vor sich hin geköchelt hat und eröffnen die Bar, für die alle etwas mitgebracht haben. Die angeregten Gespräche gehen bis in die Nacht hinein weiter. Irgendwann, sehr spät, wird es still am Rosenhof.
Initiativen sollen von allen Mitgliedern kommen!
Über Nacht haben sich die Themen vom Vortag neu geordnet. Sinha und Christian haben dabei tatkräftig mitgeholfen. Die Flipchartbögen sind zweckmäßig sortiert aufgehängt, die offenen Fragen gebündelt und für Kleingruppenarbeit vorbereitet. Wir beginnen den zweiten Tag unserer Jahresversammlung aber zunächst mit formellen Vereinsaufgaben. Unkomplizierte Beschlüsse wie die Genehmigung des letzten Protokolls, des Finanz- und Rechnungsprüfungsberichts sowie die Entlastung des Vorstands 2022 stehen auf der Tagesordnung. Dann bleibt gar nicht mehr viel Zeit bis zum Ende der Veranstaltung um 14 Uhr. Die nutzen wir engagiert! Anliegen und Aufgaben des Vereins wollen neu umrissen werden, Finanzierung und Organisation samt Vorstandsaufgaben stehen zur Debatte, die Rolle von nature & healing braucht eine Klärung, ebenso die Frage, wer überhaupt Mitglied sein soll. Für Antworten auf diese Fragestellungen können wir aus dem Vollen schöpfen. All das am Vortag Gedachte und Diskutierte steht uns frisch zur Verfügung. So gelingt es, in kurzer Zeit ein recht klares Bild davon zu entwickeln, wie es weiter gehen soll. Und es gibt eine sichtbare Bereitschaft aller Anwesenden zum Mitwirken!
Was sich deutlich abzeichnet, ist der Wunsch nach einem Verein, der einen guten Rahmen für Vernetzung und Austausch unter den Mitgliedern bietet. Es gibt ein klares Commitment zu einer kooperativen Partnerschaft mit nature & healing und zu der fachlichen Ausrichtung, die dort entwickelt wurde und laufend weiterentwickelt wird. Als Mitglieder sind vorwiegend Menschen angesprochen, die bei nature & healing Kurse und Lehrgänge besucht haben oder sich in dieser fachlichen Ausrichtung wohl fühlen. Die Vereinsstruktur hat sich grundsätzlich bewährt und soll beibehalten werden. Nur die Bezeichnung “Initiativkreis” für den Vorstand wird gestrichen. Initiativen sollen von allen Mitgliedern kommen! Der Vorstand soll sich vorrangig um die Kerngeschäfte kümmern, die Aktivitäten unter den Mitgliedern ermöglichen und fördern. Dazu gehören viel Administratives, Buchhaltung und die umfassende Betreuung der Website.
Pausen im Ablauf haben sich bewährt!
Je konkreter die Aufgaben des Vorstands beschrieben und abgegrenzt werden, umso deutlicher wird, dass es einiges an Kompetenzen braucht, um diese zu erfüllen. Wer kann, will, soll das übernehmen? Bevor wir uns dieser abschließenden Herausforderung der Jahresversammlung widmen, machen wir Pause. Pausen im Ablauf haben sich bewährt! Zeit zum Packen, Aufräumen und für ein gemeinsames Mittagessen sowie für Gespräche dazwischen. Dann gibt es im Seminarraum zur Vorstandswahl Vorschläge und Aufstellungen, Abwägen und Hinspüren. Nach einigen tastenden Versuchen finden wir zu einem Ergebnis: Es zeigt sich die Bereitschaft von vier Menschen, zwei davon aus dem nature & healing-Team, diese Aufgabe zu übernehmen. Sinha, Konstanze, Siegi und ich haben als “Kernteam” für die Natur-Dialog-Bewegung zusammengefunden.
Wir verabschieden uns nach intensiven zwei Tagen vom Rosenhof, der uns freundlich und wohlwollend beherbergt hat. Die Feuerstelle ist aufgeräumt, unsere Lebensmittelvorräte sind aufgegessen, die Reste verteilt, die Flipchartbögen eingerollt, Moderationskärtchen fotografiert, die Betten abgezogen und mit frischer Wäsche vorbereitet für die nächsten Gäste. Ich werfe noch einen Blick auf das Holzlager. Es schaut schön aus und ist gut gefüllt. Das Eschenholz stammt von Bäumen, die am Grundstück gestanden sind und gefällt werden mussten, hat mir Christian erzählt. Jetzt liegt es bereit für noch viele Feuer.
Borschtsch-Rezept (Zutaten für 4 Portionen)
500 g Rindfleisch (Suppenfleisch), 2 Kartoffeln, Lorbeerblatt, 2 Rote Beete, 1 Karotte, 1 Paprika (mildes Gemüse), ¼ Kopf Weißkraut, 1 Zwiebel, 2 EL Sonnenblumenöl, Apfelessig, 500ml passierte Tomaten, 100g Speck, 1 Knoblauchzehe, Salz, Pfeffer, Zucker, Schmand (oder Sauerrahm oder Crème Fraîche), Dill, Petersilie oder Schnittlauch
- Rindfleisch in ca. 1,5 cm grosse Würfel schneiden und im Salzwasser mit einem Lorbeerblatt und ein paar Pfefferkörnern köcheln lassen. Wassermenge bedeckt das Fleisch. Der Kochvorgang dauert nun insgesamt etwas mehr als 2h. Man kann die Arbeiten schrittweise ausführen und die Zutaten dem Fleischtopf nach und nach beigeben.
- Rote Beete, Karotten, Paprika in Streifen und Zwiebeln in Spalten schneiden.
- In einer Pfanne mit etwas erhitztem Sonnenblumenöl Zwiebeln, Karotten und Paprika (mildes Gemüse) anbraten und in den Topf zum Fleisch geben.
- Rote Beete genauso in der Pfanne ca. 2 Minuten anbraten. Mit 2EL Essig ablöschen und weiter 2 Minuten Essig ausdämpfen lassen. Passierte Tomaten hinzufügen, ca. 15 Minuten köcheln lassen, danach den Inhalt der Pfanne in den Topf geben.
- Speck, Knoblauch klein schneiden. Weisskraut und Kartoffeln in mundgerechte Stücke schneiden.
- Weisskraut, Kartoffeln, Speck und Knoblauch in den Topf geben und weitere 30 Minuten kochen. Mit Salz, Zucker und Pfeffer abschmecken.
Mit Schmand (oder Sauerrahm oder Crème Fraîche) und gehackten Kräutern servieren.
Aus: Das Ukraine-Kochbuch. Hrsg. Denis Kolesnikov. Riva Verlag 2022
Maria Raab ist Psychotherapeutin, Klinische- und Gesundheitspsychologin mit Weiterbildung in Systemischer Naturtherapie. Sie ist in einem Kinderschutzzentrum und in freier Praxis in Wien und Niederösterreich tätig. www.am-weg.at
Fotos im Text / Holz: Maria Raab
Fotos Galerie: Angela Bernal, Sibyll Dickenmann, Sinha Weninger
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Liebe Sylvia.
Herzlichen Dank. Es ist schön…dieses sehen und gesehen sein, das Wiedersehen und das weitersehen 😉
Vielen herzlichen Dank für diesen lebendigen und informativen Bericht,
die schönen Bilder und eure grosse Arbeit!
Sylvia Thoma