Wenn die Dinge beginnen, zusammenzufliessen

Zuska Klapka ist Gründungsmitglied der Natur-Dialog-Bewegung, sie erzählt uns in diesem Beitrag über ihre Wege, die sich trennten und neu zusammenfließen, übers Berührenlassen und neu Berühren, übers zweifelnd-nichtwissende Suchen und vom neuen Finden und Verbinden.

Ich bin in und mit der Natur tief verbunden, neugierig, verspielt, liebe die Einfachheit und lebe mit und in Widersprüchen. Der Zweifel und die Unentschlossenheit sind mir meine treuen Begleiter und ich bin immer auf der Suche ….

Ich suche vielleicht etwas, was ich nie finden werde, aber manchmal finde ich etwas, was ich nie gesucht habe …

So jedenfalls ist es mir mit meiner jetzigen Arbeit als Trager-Praktikerin ergangen. Trager ist eine ganzheitlich orientierte Körperarbeit mit dem Ziel, über Berührung wieder freiere Bewegungsabläufe zu erlernen und hilft, tiefsitzende körperliche und geistige Muster zu lösen.

Seit über 30 Jahren habe ich als Krankenschwester im Bereich Dialyse gearbeitet und habe dabei Menschen auf ihren holprigen Wegen begleitet. Über die Jahrzehnte wurde leider dieser wunderbare Beruf, der das Technische mit dem Menschlichem verbindet, auf das Technische reduziert und die Eigenverantwortung, Dankbarkeit und Demut dem Leben gegenüber wurde dabei völlig vergessen. Das Menschliche blieb auf der Strecke und ich begann, den Sinn dieser Arbeit in Frage zu stellen.

Ich wollte nicht be-dienen, ich wollte wieder be-gleiten auf dem Weg, der da vielleicht gerade etwas holprig ist, einem zu steil erscheint oder gar blockiert ist. Eine Hand reichen für etwas mehr Stabilität, ein Stück des Weges zusammen zu gehen, gemeinsam nach möglichen Lösungen suchen, den Menschen die Erfahrung mitgeben, dass sie nicht alleine sind, es gemeinsam einfacher, leichter, vielleicht sogar freudvoller ist.

Meine Liebe zur Natur, die Neugierde und das unermüdliche Suchen führten mich zu der Naturtherapie. Und langsam begann sich etwas in mir zu wandeln.

Mir wurde klar, dass ich aus diesem unlebendigen Arbeitsumfeld heraus musste.

Meine Erfahrung im Be-gleiten von Menschen, die ich über die vielen Jahre gesammelt habe, sollte in das Neue mit einfliessen. Aber wie soll das gehen ohne therapeutische Ausbildung?

Wie kann ich mir «anmassen» zu glauben, Menschen in ihren Prozessen zu begleiten? Es fehlte mir an Selbstvertrauen. Meine Neugierde und die tägliche Konfrontation mit der vergessenen Menschlichkeit während meiner Dialysezeit halfen mir dabei, nicht aufzugeben.

Und da entdeckte ich eines Tages diesen Artikel über Trager-Therapie, es war diese elementare Einfachheit, die diese Therapie auszumachen schien, die meine Neugierde weckte.

Nach meiner ersten Probe-Sitzung war es Liebe auf der ersten Berührung.

… unglaublich wie mich diese Hände «berührt» haben und auch etwas tief in mir.

Trager ist eine absichtslose Herangehensweise, das Spielen mit dem Gewicht, der Schwerkraft, die Wellenbewegungen, das Suchen nach dem inneren Rhythmus, der Weichheit … all das hilft, zu erinnern, wie sich Leichtigkeit, Ganzheit und in Verbindungsein anfühlt, und dass wir genug sind, so wie wir sind.

Seit dreieineinhalb Jahren habe ich in Thalwil eine eigene Trager-Praxis. Und hin und wieder begleite ich auch Menschen in der Natur, sitze mit ihnen am Feuer, koche und schlafe mit ihnen unter freiem Himmel.

Meine Zweifel sind mir dabei weiterhin treue Begleiter, aber es hat sich auch noch die Leichtigkeit hinzugesellt. Oft frage ich mich, wie sich Trager- und die Naturtherapie, wo mir doch beide so ans Herz gewachsen sind, sich berühren..

Und dabei scheint sich ganz still und leise, ganz unspektakulär, nicht immer sichtbar, etwas miteinander tatsächlich zu verbinden.

Es sind diese Parallelitäten, die mich so faszinieren, sie scheinen etwas sehr Verbindendes, ineinander Fließendes zu haben. Das Mäandern durch die Natur erinnert mich an das Mäandern meiner Hände durch den Körper, inspiriert von den Wellenbewegungen öffnen sie Räume für Körperwahrnehmung, in jedem Körper ein eigener Rhythmus, meine Hände überraschen lassen, was ihnen begegnet und wie begegnen all dem meine Hände … Gehen sie in Widerstand oder bleiben sie offen, neugierig, ohne Wertung und lassen geschehen? Streune ich nicht oft selber genauso durch die Landschaft und stelle mir ähnliche Fragen und lasse geschehen?

Diese beiden Therapieansätze sind zwei sehr verschiedene Arten, die Menschen auf ihrem Weg zu begleiten. Die Trager-Therapie findet in geschlossenen Räumen, meist auf einer Behandlungsliege statt, und das «was berührt» sind die Hände des Praktikers. Die Naturtherapie findet in der Natur und ihren Räumen statt. Dort sind es die Natur und Elemente, die berühren.

Es lehrt mich neu zu schauen, lässt mich mitwachsen, stellt mich vor die Herausforderung, im Vertrauen zu bleiben mit dem Wissen, nichts zu wissen. Es lässt mich die Einfachheit auf eine neue Art entdecken und doch ist das Einfache für mich oft am schwierigsten.

Zuska Klapka ist Trager-Praktikerin und Naturtherapeutin. Wer möchte, kann sie in ihrer Trager-Praxis aufsuchen oder das nächste naturdialogische Angebot wahrnehmen, das sie vom 10. – 12. Juni 2023 zusammen mit Ann-Kathrin Ebner anbietet: “Auslüften & Einatmen”

Fotos: Zuska Klapka

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