Schwein gehabt – ein gallisches Fest
Jahresversammlung der Natur-Dialog Bewegung
“Wir sind die, die im Januar eine Grillparty machen”, sagt Sinha über die Natur-Dialog-Bewegung, als wir uns am Rosenhof treffen, um die Jahresversammlung vorzubereiten. Die Wiese ist noch matschig von geschmolzenem Schnee und tagelangem Regen, über uns strahlt jetzt ein blauer Himmel. Ein großer Haufen Buchenholzscheite ist bereits vor das Haus geliefert worden.
Sibyll ist mit einer besonderen Fracht angereist. Im Kofferraum ihres Autos ist ein Wildschwein samt schwerem Spieß. Der war gar nicht so einfach zu bekommen, berichtet sie. Üblich sind heutzutage motorbetriebene Rotisserien. Wir wollen aber einem alten Handwerk frönen und das Schwein eigenhändig am offenen Feuer zubereiten. “Das geht nicht” haben Sibyll und Zuska bei ihren Recherchen dazu öfter gehört. Nur mehr wenige Metzger haben entsprechende Erfahrungen und können ihr Wissen weiter geben. Neben Holz, Spieß und Schwein brauchen wir vor allem Geduld. Mindestens fünf Stunden wird das Wildschwein über der heißen Glut garen. Kein Kochen für Eilige. Auch kein Kochen für Individualisten.
Über den gesamten Zeitraum hinweg muss das Feuer gehütet, Glut geschaufelt, der Spieß immer wieder gedreht und das Schwein mit Salzlake bepinselt werden. Gemeinschaftlich ist das gut zu bewältigen. Da kann nebenbei noch ein Kessel mit Rotkraut gefüllt und Brot gebacken werden. Für die Stärkung zwischendurch gibt’s frisch gebratene Maroni, am Feuer gepopptes Popcorn, Punsch und Steinkaffee. Bei allem Werkeln, Zuschauen und Warten lassen sich gut Geschichten erzählen und Erfahrungen austauschen. Robert hatte uns vor dem gemeinsamen Tun imaginativ auf das Festbankett eingestimmt. Seine Inspiration war das Bild auf der letzten Seite des neuesten Asterixbandes. Jetzt hören wir von Sibyll und Zuska, wie sie zu dem Wildschwein gekommen sind und was ihnen dabei alles begegnet ist.
Habiba und Cito erzählen über die Veränderung von nature & healing zum sympoi Institut und ihrer Motivation, die natur-dialogische Arbeit sichtbarer zu machen und sich für ihre Anerkennung in der Bildungslandschaft einzusetzen. Wir unterhalten uns über Landwirtschaft und Natur-Dialog-Arbeit, teilen Persönliches sowie Berufliches und wir sammeln Ideen für Vernetzungsaktivitäten der Natur-Dialog-Bewegung, Mitgliederservice und Vorstandsnominierungen. Neben der archaischen Kochstelle hängen dafür an der Wand moderne Flipcharts. Beim Kochen kommen die Leut zsam!
Es ist schon dunkel, als wir im Feuerschein schmausen und den langen Tag gemütlich ausklingen lassen. Wir schmecken den Beweis dafür, wie gut es geht, ein Wildschwein am offenen Feuer zu braten. Köstlich!
Einige Aufgaben bleiben für den nächsten Tag. Es gilt noch die Traktanden abzuarbeiten, die auf den Flipcharts gesammelten Ergebnisse zu bündeln und einen neuen Vorstand zu wählen. Um ein neues Vorstandsteam zu finden, nutzen wir die bewährte Methode des Aufstellens im Raum. Es ist spannend, auf diese Weise verschiedene Konstellationen auszuprobieren. Die aufgestellten Beteiligten können ganz körperlich in ihre Positionen hineinspüren und auch von außen gibt es hilfreiche Wahrnehmungen. Christian ist krankheitsbedingt nicht vor Ort. Er hatte im Vorfeld seine Bereitschaft signalisiert, im Vorstand mitzuwirken. Seinen Platz bei den Aufstellungen übernimmt eine zusammengerollte Matte. Auch das geht! Schließlich finden mit Siegi, Maria, Christian, Sylvia und Tanja alte und neue Vorstandsmitglieder für das Team 2024 zusammen. Mit Christian ist ein wichtiges Verbindungselement zum „sympoi-Kollegium“, dem aktuellen Lehrteam des sympoi Instituts, dabei. Siegi wird weiterhin die Finanzen hüten, Maria bringt Erfahrungen aus der Vereinsarbeit im letzten Jahr mit, Sylvia und Tanja sorgen für neuen Schwung und haben die Bereitschaft, mit anzupacken, wo es notwendig ist.
Die Arbeit der Natur-Dialog-Bewegung spiegelt sich unter anderem auf unserer Website. Hier soll es demnächst eine neue Darstellung der Mitwirkenden mit Bild und Stichworten zum Tätigkeitsfeld, samt Verlinkung und regionaler Zuordnung geben. Auch das Magazin ist ein reges Wirkfeld. Mit verdoppelter Mannschaft – also mehrheitlich Frauenschaft – im Redaktionskreis sind im vergangenen Jahr insgesamt 21 Beiträge erschienen. Zugegeben, nicht ganz regelmäßig. Die Produktivität der Magazinredaktion hat etwas Unverfügbares. Diese Produktivität darf übrigens gerne um Beiträge aus dem Kreis aller Mitwirkenden erweitert werden. Es wird herzlich dazu eingeladen, jederzeit mit Ideen an die Magazinredaktion heranzutreten und auch mal Gast zu sein bei einem Redaktionstreffen. Die Termine werden im Kalender angekündigt.
Am selben Feuer lassen sich viele Töpfe kochen. (Habiba)
In der Morgenrunde hatte Habiba eine schöne, phänomenologische Beobachtung zu unserem Festabend formuliert: “Am selben Feuer lassen sich viele Töpfe kochen”. Vielfalt und Diversität gehören zur Natur-Dialog-Bewegung. Hier treffen sich Menschen mit verschiedenen beruflichen Hintergründen und unterschiedlichen Interessen, Anliegen, Kompetenzen. Und doch verbindet alle die Begeisterung am Arbeiten im Naturraum. Austausch und Vernetzung untereinander zu unterstützen ist uns weiterhin wichtig. In den letzten Jahren gab es dazu Netzwerktreffen, die zum gleichen Termin an verschiedenen Orten stattgefunden haben. Heuer wollen wir dieses Format etwas öffnen und vielfältige Vernetzungsaktivitäten anregen, die an verschiedenen Terminen stattfinden können. Neben den “klassischen” Naturtagen und -nächten gibt es schon Ideen zu natur-dialogischen Spaziergängen, Feuerkreisen, Buchbesprechungen oder Räumen, um Erfahrungen mit beruflichen natur-dialogischen Angeboten auszutauschen. Die jeweiligen Ankündigungen werden auf jeden Fall über den Kalender und gegebenenfalls über den Newsletter oder Magazinbeiträge passieren.
Der arbeitsreiche Sonntag endet mit einem gemeinsamen Essen, das unser Kochteam um Zuska, Sibyll und Zoe aus den Resten vom Festbankett gezaubert hat. Wir essen vor dem Haus in der strahlenden Sonne! Es bleibt noch genug für großzügige Lunchpakete als Wegzehrung und für Daheimgebliebene. Es gibt einiges in die Welt zu tragen aus diesen Tagen!
Der nächste Termin für ein Kennenlernen des Natur-Dialog-Ansatzes ist am Samstag,
24. Februar 2024, ein Tag Fachforum und Diplomfeier des 16. Lehrgangs.
Maria Raab ist Psychotherapeutin, Klinische- und Gesundheitspsychologin mit Weiterbildung in Systemischer Naturtherapie. Sie ist in freier Praxis in Niederösterreich tätig. www.am-weg.at
Fotos: Angela Bernal
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Danke für Bild und Textshow aus der rundum gelungenen Jahresversammlung!